Mit dem vorgelegten Sachbuch „Tatort Jonastal“ sollen die nachweisbaren Zusammenhänge und Hintergründe des Bauvorhabens sowie das Leiden Tausender Menschen im Mittelpunkt der Forschung treten. Hierin begründet sich wohl auch der einzige Schatz im Jonastal, indem man den vielen Opfern, die bisher nur eine Nummer trugen, wieder einen Namen und ein Schicksal gibt beziehungsweise diese wieder in Erinnerung rufen kann. Es gilt als erwiesen, das die Bauarbeiten im Zusammenhang mit dem Vorhaben standen, Thüringen zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu einem „Schutz- und Trutzgau“ für die Nationalsozialisten auszubauen.
Nachfolgende Kurzbeschreibung entstand im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten in Crawinkel - 100 Jahre Jonastal Straße - am 18. Juli 2014.
Die älteste Bezeichnung für das Jonastal lautete einst Arnethal (1266). Diese weist auf die Namensprägung in Anlehnung an den Ortsnamen der am Talausgang gelegenen Siedlung hin (Arnstadts erste Erwähnung im Jahre 704: Arnestati super fluvio huitteo). Heute hat aber die viel jüngere Bezeichnung „Jonastal“ die alten Namen verdrängt. 1773 wurde der Name Jonastal zum ersten Male urkundlich erwähnt, scheint aber schon vorher Anwendung gefunden zu haben. Abgeleitet wurde dieser Name von der Ortslage am Jansberg, der ab dem 17. Jahrhundert auch als Jonasberg bezeichnet wurde. Dieser gehört zu den ältesten und besten Weinbaulagen Arnstadts. 1572 wurde beispielsweise ein Weinberg unterhalb des Alteburgturmes mit Standort „am Johnsberge“ (Jonasberg) angegeben [www.tuckerland.de]. Der Name ist daher abzuleiten vom Mittelhochdeutschen Jan = „Reihe“ und wurde für die auf Terrassen angelegten Reihen der Rebstöcke gebraucht und eingebürgert. Jan wurde im 17. Jahrhundert zu „Jon“, als die ursprüngliche Bedeutung nicht mehr verstanden wurde und so an den gleichklingenden Namen des populären biblischen Propheten Jonas angeglichen. [Quelle: Chronik der Stadt Arnstadt; Hansjürgen Müllerott, Sagen, Fabeln und romantische Geschichten aus dem mittleren Thüringer Wald und dessen Vorland; Dieter Elbracht, Straßen- und Flurnamen Arnstadts].
Parallel zur Jonastal Straße verläuft die Wilden Weiße, die sich nur bei Starkregen oder bei der Schneeschmelze vereinzelt oberirdisch fließt und ihrem Namen alle Ehre macht. Die größte Zeit des Jahres fließt sie unterirdisch und entspringt bei Arnstadt als Springquelle im Wasserwerk „Schönbrunn“. Aus diesem Grund ist das Jonastal auch als Trinkwasserschutzzone eingestuft. Das Jonastal beginnt bei Crawinkel als nur flach ausgeprägtes Tal und verläuft in nordöstlicher Richtung nach Arnstadt. Dabei durchschneidet es als typisches Karsttrockental die Ohrdrufer Muschelkalkplatte zwischen Bittstädt und Gossel. Ein tiefes Tal hat hier einst das Wasser durch Erosion aus dem Muschelkalk herausgespült und steile, vegetationsarme Felshänge sowie unterirdische Hohlräume (Karst) geschaffen. Die bekannteste Karsthöhle ist das „Böhlersloch“. Entlang der Straße finden sich Flächen von Halbtrockenrasen und Hochstaudenfluren, die jährlich von Schafen und Ziegen beweidet werden. Wegen des günstigen mediterranen Klimas wurde im Mittelalter an den Hängen des Jonastals ebenfalls direkt Weinanbau betrieben. Das Klima im Tal begünstigt bis heute das Überleben bedrohter Tier- und Pflanzenarten in unserer Region.
Beschäftigt man sich mit dem Jonastal und dem geheimen Bauvorhaben gegen Ende des Zweiten Weltkrieges, so wird leider immer noch bis heute ein Mythos genähert, der vor allem der Unterhaltung und nicht der Geschichtsaufarbeitung dient. Dem Leiden und der Ermordung Tausender Zwangsarbeiter wird bislang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt und der geplante Bau einer gedeckten Führungsstelle im Bergesinneren für die politische und militärische Führung des Dritten Reiches zum Mysterium des technologischen Fortschritts und für Wunderwaffen verklärt. Die militärischen Vorgänge auf dem Truppenübungsplatz vor Beginn des Zweiten Weltkrieges werden ignoriert und fantastische Geschichten in die ehemaligen Stollen des Jonastals kolportiert. So kommt es, dass das Jonastal heute weit über die Grenzen von Thüringen hinaus bekannt geworden ist und bei Einheimischen sowie Touristen direkt mit Schatzsuche in Verbindung gebracht wird. Dies mag einer der Gründe sein, warum Besucher oft enttäuscht sind, wenn sie auf dem gut dokumentierten Geschichts- und Naturlehrpfad der GTGJ im Jonastal auf Entdeckungsreise gehen.
Seit Jahrzehnten fehlt vor Ort ein Dokumentationszentrum direkt vor den Stollen mit Stollenanschluss, das Interessierten Einblicke in die Entstehung, die Geschichte und den Tatort Jonastal geben. Der 100te Jahrestag der Eröffnung der Straße soll daher auch ein geeigneter Anlass dafür sein, um über die Bedeutung des Jonastals für die Geschichte Thüringens und die Ländergrenzen hinaus nachzudenken und dieser zukünftig in angemessener Art und Weise Rechnung zu tragen.
Klaus-Peter Schambach Crawinkel, 18.07.2014