Die ersten amerikanischen Einheiten erreichten am Abend des 4. Aprils 1945 das Nordlager auf dem Truppenübungsplatz Ohrdruf. Sie besetzten die Umgebung und am folgenden Tag die gesamte Stadt. Den Augenzeugen bot sich ein teils unbeschreiblicher Anblick im Häftlingslager. Nach vorliegenden Zeugenaussagen wurde am 3. April 1945 überstürzt mit der Auflösung der Häftlingslager S III und dem Todesmarsch der Gefangenen zum Stammlager in Buchenwald begonnen.
Während dem Vormarsch amerikanischen Soldaten durch Europa betraten sie hier zum ersten Mal ein intaktes „Horror Camp“ (Schreckenslager). Die katastrophalen Haft-, Hygiene- und Versorgungsbedingungen in Ohrdruf prägten sich tief in ihr Gedächtnisse ein. Von Befreiung der Häftlinge kann an dieser Stelle im Gegensatz zu Buchenwald nicht die Rede sein, weil in Ohrdruf von den deutschen Bewachern vorwiegend erschossene, marschunfähige Häftlinge auf dem Appellplatz zurückgelassen wurden. Zudem fanden die amerikanischen Soldaten ermordete, bis zum letzten Atemzug ausgezehrte Häftlinge vor, die zu einem Haufen in einer Baracke aufgestapelte oder bis zur Unkenntlichkeit verbrannt wurden. Wenige Tage später waren 75 % der rund 1.000 Gebäude und Wohnhäuser in Crawinkel beschädigt oder zerstört. Der Krieg und der Holocaust hatten tiefe Spuren in unserer Heimat und der Psyche unserer Vorfahren sowie auch der unserer Befreier hinterlassen, die auch Deutschland vom Nationalsozialismus befreiten.
Am 12. April 1945 inspizierte der Oberbefehlshaber der alliierten Truppen in Europa und 5-Sterne-General Dwight D. Eisenhower gemeinsam mit weiteren Generalen den Frontabschnitt der 3. US-Armee in Thüringen. Am Nachmittag erreichten sie mit Jeeps das Lager Ohrdruf. Eisenhower sagte später über seine Eindrücke aus: „Ich bin niemals imstande gewesen, die Gefühle zu schildern, die mich überkamen, als ich zum ersten Mal ein so unbestreitbares Zeugnis für die Unmenschlichkeit der Nazis und dafür vor Augen hatte, dass sie sich über die primitivsten Gebote der Menschlichkeit in skrupelloser Weise hinwegsetzten. Bisher hatte ich nur gewusst, dass es Lager dieser Art gab, alles andere kannte ich nur vom Hörensagen. Nichts hat mich je so erschüttert wie dieser Anblick.“
Unsere aktuelle Gedenkkultur sollte meiner Ansicht nach von Mahnung und Erinnerung geprägt sein und ebenso durch die Freude über Versöhnung und Freundschaft. Das wichtigste Gut ist heute und in Zukunft der Frieden zumindest in Europa. Dieser ist nicht selbstverständlich und wir müssen täglich etwas dafür tun. Dies möchte ich für uns, für unsere Kinder und ihre Nachfahren mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen.
Klaus-Peter Schambach